22.10.2024

                                        Mit Bioabfällen zu Netto-Null?

                                                                                   Von Fabian Simons, Projektmanager bei der abfallboerse schweiz.ch AG

 

Von aussen ist sie schwarz und unscheinbar. Die riesige Oberfläche und poröse Strukturen machen Pflanzenkohle einzigartig und wertvoll für vielerlei Bereiche und Einsatzmöglichkeiten. Warum Pflanzenkohle der Superstar im Garten, Klimaretter und Bodenverbesserer ist, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

 

Aus Bioabfällen kann Pflanzenkohle gewonnen werden. Sie wird als wichtige Möglichkeit zur Erreichung des Nettonull-Zieles im Jahr 2050 gehandelt. Eingesetzt wird Pflanzenkohle unter anderem und je nach Qualität in der Landwirtschaft oder der Lebensmittelindustrie. Sie wird als fester Hilfsstoff für fruchtbare Böden, als Filter und in vielen anderen Bereichen genutzt.


Bei Pflanzenkohle handelt es sich um Biokohle aus rein pflanzlicher Quelle. Sie ist kein Dünger, sondern vor allem ein Trägermittel für Nährstoffe und Habitat für Mikroorganismen. Damit die Pflanzenkohle ihre bodenverbessernden Eigenschaften zur Wirkung bringen kann, muss sie zunächst physikalisch mit Nährstoffen aufgeladen und/oder biologisch aktiviert werden. Das Europäische Pflanzenkohle-Zertifikat (EBC-Zertifikat) regelt anhand von sogenannten EBC-Klassen, wo eine bestimmte Pflanzenkohle aufgrund ihrer Zusammensetzung eingesetzt werden darf. Heutzutage ist schweizweit nur Pflanzenkohle aus naturbelassenem Holz als Bodenzuschlagstoff erlaubt.


Insbesondere in tropischen Gebieten hat die Nutzung von Pflanzenkohle zur Verbesserung der Böden eine lange Tradition. Die Ureinwohner Südamerikas verteilten bereits vor 4000 Jahren pflanzliche Verkohlungsrückstände zusammen mit Asche, Biomasse und Tonscherben auf ihren Feldern. So entstand die «Terra Preta» im Amazonas-Gebiet, eine tiefschwarze und sehr fruchtbare Erde.


Pflanzenkohle wird aus pflanzlicher Biomasse, die in Landwirtschaft, Garten- und Landschaftsbau sowie kommunalen Sammlungen anfällt, hergestellt. Die Herstellung erfolgt unter Einfluss von Hitze und unter Reduktion von Sauerstoff. So werden beispielsweise Grünschnitt, Gülle oder Klärschlamm karbonisiert bzw. verkohlt. Bei diesem Verfahren spricht man von Pyrolyse. Es gibt allerdings noch weitere professionelle Verfahren zur Herstellung. Pflanzenkohle kann auch privat mit einem geringen Aufwand aus organischen Gartenabfällen wie Holzschnitt hergestellt werden (https://www.bloomling.ch). Zu beachten ist, dass die Qualität der für die Herstellung verwendeten Rohstoffe entscheidend für die Kohlequalität ist.


Mit Pflanzenkohle kann nicht nur das gesunde Wachstum von Pflanzen unterstützt werden. Als «Bodenverbesserer» kann sie zudem einen wichtigen Beitrag zur Kompensation von CO2-Emmissionen leisten. Denn Pflanzenkohle besteht überwiegend aus reinem Kohlenstoff. Von diesem bleiben mehr als 80 % länger als 1000 Jahre im Boden stabil und speichern von Pflanzen aus der Atmosphäre gezogenes CO2 langfristig im Boden. Das in Pflanzenkohle enthaltene CO2 wird also nur sehr langsam wieder freigesetzt und somit langfristig der Atmosphäre entzogen. Ihr Einsatz ist damit wertvoll für den Kampf gegen den Klimawandel.


Für die Zukunft besteht auch Potential als Kandidat für den Einsatz von Baustoffen. Laut kürzlich durchgeführten Studien hat Pflanzenkohle grosses Potential, ein Element der zirkulären Wirtschaft zu werden (https://www.zhaw.ch). Sie kann nicht nur als nachhaltiges Element in Biopolymeren dienen, sondern auch deren physische Eigenschaften sowie den biologischen Abbau verändern. Damit werden neue Perspektiven für die Entwicklung umweltfreundlicher Kunststoffe, die sowohl funktional als auch kompostierbar sind, geschaffen. Pflanzenkohle sollte zukünftig vermehrt in Bauprojekten eingesetzt werden. Ihr Potential als nachhaltiges Material in industriellen Anwendungen sollte voll ausgeschöpft werden. Die Projektideen rund um Pflanzenkohle sind ebenso vielfältig wie die Pflanzenkohle selbst, so dass bereits Konzepte für Kommunen, Landwirtschaft oder Kläranlagen existieren.


Quellen

https://www.bloomling.ch/de-CH/info/ratgeber/warum-pflanzenkohle-der-neue-alte-superstar-im-garten-ist

https://charnet.ch/ueber-pflanzenkohle/

https://www.fhnw.ch/de/die-fhnw/hochschulen/ht/institute/institut-fuer-biomasse-und-ressourceneffizienz/news/pflanzenkohle_aus_bioabfall

https://german-biochar.org/pflanzenkohle/

https://www.renergon-biogas.com/pflanzenkohle-biokohle-herstellung-erklaert/

https://www.zhaw.ch/de/lsfm/institute-zentren/iunr/oekotechnologien-energiesysteme/oekotechnologie/news-und-veranstaltungen/detailansicht-news/event-news/innovation-in-der-baubranche-einsatz-von-pflanzenkohle/